Genf/London/Berlin - Im Jahr 2007 waren insgesamt 42 Millionen Menschen auf der Flucht vor Verfolgung, Krieg und Menschenrechtsverletzungen. Dies geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Bericht "Globale Trends" des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) hervor. Diese Weltflüchtlingsstatistik 2007, die mit Daten aus 150 Ländern erstellt wird, belegt einen Anstieg um insgesamt etwa zwei Millionen.
Die Zahl der Flüchtlinge steigt 2007 um 1,5 Millionen auf 16 Millionen (2006: 9,9 Millionen von UNHCR betreute, plus 4,6 Mio. Palästinenser, die vom UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten betreut werden) und bei Binnenvertriebenen auf 26 Millionen (2006: 24,4 Mio.), von denen 13,7 Millionen (2006: 12,8 Mio.) direkt oder indirekt vom UNHCR geholfen wurde.
"Nach einem Rückgang der Flüchtlingszahlen in den Jahren 2001 bis 2005 beobachten wir seit zwei Jahren wieder einen Anstieg und das macht uns Sorgen. Und wir stehen vor einer komplexen Gemengelage globaler Herausforderungen, der künftig sogar zu noch mehr Flucht und Vertreibung führen könnte", sagte UN-Flüchtlingskommissar António Guterres bei der Präsentation der Jahresstatistik. Mit Blick auf konfliktträchtige neue Krisen, schlechter Regierungsführung, knapper Ressourcen und extremen Preissprüngen, von denen die Ärmsten am schlimmsten betroffen seien und die vielerorts zu Instabilität geführt hätten, warnte Guterres vor einer Zuspitzung der Lage.
Für den bereits beobachteten Anstieg macht der Bericht unter anderem die Situation im Irak verantwortlich. Ende 2007 gab es dort allein 2,4 Millionen Binnenvertriebene (Anfang 2007: 1,8 Mio.). Einen starken Zuwachs von 400.000 Binnenvertriebenen auf insgesamt eine Million verzeichnete auch Somalia. Die meisten Binnenvertriebenen weltweit gibt es jedoch in Kolumbien (bis zu drei Mio.). Bei den grenzüberschreitenden Flüchtlingen stehen Afghanen an der Spitze (rund drei Mio.), gefolgt von Irakern (rund zwei Mio.), Kolumbianern (552.000), Sudanesen (523.000) und Somalis (467.000).
Neben Flüchtlingen und Binnenvertriebenen werden in der UNHCR-Jahrestatistik auch Staatenlose und Asylbewerber sowie Rückkehrer erfasst. Insgesamt waren es so im letzten Jahr 31,7 Millionen Menschen, die berechtigt waren, von UNHCR unterstützt zu werden.
Die meisten Flüchtlinge auf der Welt leben in Pakistan (zwei Millionen Flüchtlinge). Danach folgen Syrien (1,5 Mio.), Iran (964.000), Deutschland (579.000) sowie Jordanien (500.000). Weltweit wurden im letzten Jahr 647.200 individuelle Asylanträge gezählt – fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Dies bedeutet den ersten Anstieg seit vier Jahren. Hauptgrund hierfür ist die größer werdende Zahl von Irakern, die in Europa um Asyl nachsucht. Die meisten Asylanträge wurden in den USA, Südafrika, Schweden, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Griechenland gestellt.
Die gute Nachricht im UNHCR-Bericht: Die Neuansiedlung von Flüchtlingen in Drittstaaten erlebte 2007 einen Aufschwung. UNHCR konnte insgesamt 99.000 Flüchtlinge, die im Erstzufluchtsland nicht bleiben konnten, anderen Staaten zur Übernahme vorlegen; das ist die höchste Zahl in 15 Jahren. Im Jahr 2007 erhielten so 75.300 Flüchtlinge – viele aus Myanmar, ferner aus Burundi, Somalia, Irak, der Demokratischen Republik Kongo und Afghanistan in 14 Drittstaaten eine neue Heimat. Neuansiedlung ist neben freiwilliger Rückkehr und Integration im Asylland die dritte dauerhafte Lösung für Flüchtlinge.
Insgesamt kehrten im letzten Jahr im Rahmen von Hilfsprogrammen 731.000 Flüchtlinge in ihre Heimat zurück, vor allem nach Afghanistan (371.000), in den Süd-Sudan (130.700) und in die Demokratische Republik Kongo (60.000).
Die Zahl der Staatenlosen verringerte sich im letzten Jahr um drei Millionen. Hauptgrund hierfür: Durch ein neues Gesetz erhielten rund 2,6 Millionen Menschen in Nepal die Staatsbürgerschaft. Insgesamt wird die Zahl der Staatenlosen weltweit auf etwa zwölf Millionen geschätzt.
Veröffentlicht am: Monday, 16. June 2008